Die Vaihinger Gesellschaft
für Stadtgeschichte, Museumsarbeit und Kultur e.V.

DVG Jahr 2023

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-> Das Jahr 2023 (ausführlich)

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 Übersicht: Jahresrückblick 2023
Das Jahr 2023 war schwierig, das Klima drängt zunehmend, die Widerstände gegen Klimaschutz auch, Kriege, Konflikte überall, deren Opfer oder Nichtopfer zu uns drängen und uns bedrängen, die Aktienkurse und die Vermögen der Reichsten steigen in Rekordhöhen: Es wäre interessant zu erfahren, wie die Geschichtsschreibung z.B. im Jahr 3023 unsere Zeit rückblickend beurteilen wird! Haben wir die richtigen Weichen gestellt?

Die DVG war in 2023 recht aktiv – monatlich gab es Stammtische, Führungen und Besichtigung, Vorträge … Dank an Claudia Danz für ihre unermüdliche Organisation!
Wie jedes Jahr nahm die DVG am Maientag teil: Das Vaihinger Rathaus wurde 300 Jahre alt, und so wurde ein schönes Modell des Rathauses (aus dem Depot) aufgearbeitet und unter viel Beifall – und schwitzend unter den Kostümen - im Umzug präsentiert!

Ein schöner Vortrag über "Die italienischen Wurzeln der Waldenser in unserer Region" wurde uns im Juni von Pfarrer B. Jetter im Gemeindehaus bei der Stadtkirche Vaihingen geboten:
Die Waldenser sind eine heute protestantische Glaubensgemeinschaft, die gegenwärtig in Italien und einigen Ländern Südamerikas verbreitet ist. Ursprünglich war sie in kleiner Zahl über weite Teile Europas verstreut, bevor die Gemeinschaft sich als Bergbauern in Alpentälern im Piemont/Norditalien zurückziehen musste. Die Waldenserbewegung wurde 1177 durch den Lyoner Kaufmann Petrus Valdes in Südfrankreich gegründet.
Theologisch waren sie ähnlich wie die 1220 gegründeten Franziskaner (Franz von Assisi) oder die 1415 entstandenen Hussiten. Durch umherziehende Prediger (auch Frauen !) wurden die Gläubigen gestützt und der Glaube weiter verbreitet. Sie wurden von der katholischen Kirche ausgeschlossen und als Häretiker durch die Inquisition verfolgt. Die Waldenser verstehen sich als Teil und wichtiger Vorläufer des reformierten Protestantismus.
Durch die ständig sich verändernden Machtverhältnisse im heutigen Norditalien und die zunehmende Verfolgung entschloss sich ein großer Teil 1687, in der Schweiz und dann zum Teil in unserer Region Württemberg, in Baden und Hessen, nieder. Dort waren sie willkommen, um leere Gebiete zu kultivieren, die wegen des Dreißigjährigen Krieges verwaist waren. Ortsnamen wie Serres, Pinache, Perouse oder Groß-/Kleinvillars leiten sich von ihren Herkunftsdörfern ab.
Die Waldenser brachten viele landwirtschaftliche und handwerkliche Fähigkeiten mit – eventuell sogar die Kartoffel. Mit ihren internationalen Verbindungen zu anderen Waldenser-Gebieten oder reformierten Kirchen Europas brachten sie auch eine gedankliche Weltläufigkeit mit.  H. Arnaud baute in Schönenberg/Mühlacker eine neue Steinkirche. Dort gibt es ein schönes Waldensermuseum.

Die Familie Fink ludt die DVG zu einer schönen Besichtigung der Ruine der alten Sägemühle auf der Enzinsel ein. Fam. Fink engagiert sich,  die Geschichte der Mühle aufzuarbeiten und die Ruinen zu sichern.

Spannende Einblicke gab es bei der Besichtigung der ehemaligen Messeschmiede Krayl. Die Werkstatt ist seit dem Tod des Meisters 1960 unverändert. Es wird diskutiert, wie diese originale Handwerksstätte erhalten bzw. gesichert werden kann. 

Eine schöne Idee war das „Historienspektakel“, an dem natürlich auch die DVG in historischen  Kostümen teilnahm. Der ganze Stadtkern war voll mit fröhlichen verkleideten Menschen – ein  positiver Blick auf unsere Vergangenheit.

Auch bei der „Vereinsarbeit“ war die DVG fleißig. So gab es einige Samstagarbeiten im Depot der Stadt. Ein herzliches Dankeschön an die aktiven Handwerker im Depot Reinhard Wahl, Peter Schaller, Edwin Drasdow, Martin Krugmeister, Reinhard Bolter, Familie Fink , Eckehard Ahrens und Alexander Danz – und Danke für die Verpflegung durch Claudia Danz!

Im Oktober gab es einen schönen Stammtisch im denkmalgeschützten Haus der Familie Isermeyer in Ensingen. Bei wohlschmeckendem Imbiss und Getränken erzählte H. Isermeyer aus der Geschichte des denkmalgeschützten Hauses:
- Nach dem 30-jährigen Krieg und den folgenden Zerstörungen durch franz. Militär im Pfälz. Erbfolgekrieg 1693 war Ensingen bis auf 6 Einwohner verlassen. Das Haus wurde 1716 erbaut gemäß der Württ. Bauordnung: Das Erdgeschoss musste aus Stein gebaut sein.
- In den 1970ern sollten dann entlang der Straße die Fassaden aller Häuser um 1 – 2m zurückversetzt werden, um die Straße für Lastwagen zu verbreitern – Verkehr war damals das Allerwichtigste. Der Plan wurde dann glücklicherweise blockiert.
- Neubau: Der Aufbau des zerstörten Nußdorf nach dem Weltkrieg mit großzügiger Planung der Straßen und mit größeren wirtschaftlichen Bauernhöfen (in U-Form) erwies sich nach anfänglichem Widerstand jedoch als erfolgreich.
- Zu Nußdorf gab es noch eine weitere Geschichte: Wegen der Bombenalarme wurde die Frau eines SS-Offiziers aus Berlin 1943 zur Schwägerin nach Nußdorf eingewiesen. Die Schwägerin stellte fest, dass die Ehefrau eine Jüdin war. Sie meldete dies dem Bürgermeister, dass es nicht angehe, dass ihr Bruder als SS-Mann eine Jüdin zur  Ehefrau hätte. Der Bürgermeister bereinigte diese Gefahr mit dem beeindruckenden Argument. „Gewinnt Ihr erst mal den Krieg, dann sehen wir weiter“!
- Ein Teil des Bauholzes für Vaihingen kam als Floßholz auf der Enz. So findet sich im oberen Teil des Pulverturms eine typische bearbeitete Floßspitze. Das Holz wurde bei der Bauplanung in Bestellbüchern angefordert, im Schwarzwald geschlagen, schon 4-kant-gesägt und mit Zeichenfolgen gekennzeichnet.  Die Flöße wurde schon in den angeforderten Chargen beim Start kommissioniert und konnten so ohne Aufwand an den jeweiligen Zielorten aufgeteilt werden. Dieses Vorgehen zeigte ein schon damals beachtlich ausgefeiltes Kommunikations- und Bestellwesen, einheitliche Maße, abgestimmte Verwaltung und Verrechnung.

Das Jahr 2023 brachte bei der DVG unter anderem noch …
- einen Besuch bei der Druckerei von Martin Wennberg und ein Bericht über ihren historischen Werdegang
- ein wunderbares Weihnachtsfestmal durch die Familie Fink in der renovierten Kelter in Horrheim – herzlichen Dank für diesen überraschenden „Stammtisch“!
- einen Antrag von R. Wahl an die Stadt, die verfallenden historischen Hochwassermarken an verschiedenen Gebäuden in der Stadt durch Fachkräfte wieder sichtbar zu machen und zu erhalten.

- Eine gute Nachricht: Die Sanierung eines der ältesten Gebäude der Stadt „Kaltes Loch“ ist erfolgreich. Die aufgehenden Wände wurden gesichert, verfaulte Balken des Fachwerks, z.T. ohne Verbindung, wurden von einer Fachzimmerei ergänzt.Am Donnerstag, 30. November 2023 um 19.30 Uhr, fand die   Jahreshauptversammlung der DVG in der Sängerklause bei Familie Zluhan statt. Ein herzliches Dankeschön an Familie Zluhan für diese nun schon traditionelle Versammlung in historischem Ambiente. Neben dem Bericht des Vorstandes und der Entlastung des Vorstandes gab es zu Beginn einen bebilderten Vortrag von Reinhard Bolter zum Thema:

„Der Landgraben zwischen Württemberg und Baden“.
Neben der bekannten Bunkerlinie „Neckar-Enz-Stellung“ von 1935 und den bekannten „Eppinger Linien“ von 1690 durchzieht eine weitere, frühere Verteidigungslinie unsere Landschaft - der Württembergische Landgraben (Bilder aus Wikipedia)
Bis Mitte des 15. Jahrhunderts hatte sich die Grafschaft Württemberg bis zur Reichsstadt Heilbronn ausgedehnt. Zur Absicherung der nördlichen Landesgrenze ließen die württembergischen Grafen eine Landwehr (Graben-Wall-Hecke) zwischen Heuchelberg und Löwensteiner Bergen errichten.. Den Anfang machte Graf Ulrich V. „der Vielgeliebte“ ab 1456 mit dem Bau des Landgrabens östlich des Neckars. Graf Eberhard im Bart setzte 1482/83 den Bau westlich des Flusses fort.
Wegen der zunehmenden Bedrohung des protestantischen Württembergs durch die Gefahren des Dreißigjährigen Kriegs, z.B.  durchziehende, plündernde Soldatenverbände, wurde 1620 im Raum Mühlacker der Landgraben fortgesetzt: Der Graben musste 18 Schuh weit und 8 Schuh tief sein, der Wall ebenfalls 8 Schuh hoch (1 Schuh = ca. 29 cm). Der Wall enthielt oft nur eine Hecke. Z.B. 18. Mai 1622 arbeiteten 925 Mann je einen Tag.
Der militärische Nutzen war begrenzt: Versuchte ein Feind, durch den Landgraben bzw. die Hecke zu brechen, so konnte er währenddessen von Warttürmen entdeckt werden, die durch Feuer- oder Tonsignale die übrigen Posten, nächsten Ortschaften und Verteidiger alarmierten (Heuchelberger Warte 1482 ).
Durch den Eingriff der Schweden verlagerte sich der Krieg nach Süden. 1632 wurde das Kloster Maulbronn von den Schweden eingenommen (Schlacht bei Wiesloch). 1634 geriet Württemberg nach der vernichtenden schwedischen Niederlage bei Nördlingen unter kaiserliche Herrschaft. Der 20-jährige Eberhard III. floh nach Straßburg. Württemberg wurde verwüstet! Nur 1/3 der Bevölkerung überlebte den Kriegsterror!
Inzwischen ist der Landgraben streckenweise abgetragen und zugeschüttet, aber Reste sind noch sichtbar. Und er dient heute – ganz friedlich - als Wanderroute!

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Einladung zur Jahreshauptversammlung am Donnerstag 30.11.23 19.30 Uhr bei Fam. Zluhan, Vaihingen, Ahornweg 5.

Zu Beginn ein kurzer bebilderten Vortrag von Reinhard Bolter zum Thema:
„Der Landgraben zwischen Württemberg und Baden“.
Für die eigentliche Mitgliederversammlung wird folgende Tagesordnung vorgeschlagen:
1. Feststellung der ordnungsgemäßen Einladung
und der Anzahl der stimmberechtigten Teilnehmer zur Feststellung der Beschlussfähigkeit
2. Beschluss der vorliegenden Tagesordnung oder Änderung/Ergänzung; Hinweis: Formale Anträge an die
Mitgliederversammlung müssen laut Satzung spätestens fünf Tage vor der Sitzung beim Vors. eingehen
3. Beschluss des Protokolls der Mitgliederversammlung vom 27.06.22 (Tischvorlage)
4. Bericht des Vorsitzenden - mit Bild-Präsentation u. a. zu den Themen: Bau des Hochregals im
Museumsdepot, punktuelle Baumaßnahmen am Museumsdepot, Besichtigung Messerschmiede
Krayl, Maientag 2023, Besichtigung des ehemaligen Sägewerks auf der Enzinsel, jüngste Sitzung
des Kuratoriums und vielen weiteren Themen
5. Diskussion des Berichts – Aussprache
6. Bericht des Kassierers mit Jahresabschluss 2022
7. Kurzbericht der Kassenprüfenden zum Jahresabschluss 2022
8. Formaler Beschluss des Jahresabschlusses 2022
9. Entlastung des Vorstands für das Jahr 2022
10. Wahl der Kassenprüfenden
11. ggf. Verschiedenes
Anschließend gemütliches Beisammensein in der Sängerklause. Brezeln und Getränke stehen bereit.